Donnerstag, 6. Juni 2013



Hier nun der vierte und abschließende Teil aus dem letzten Kapitel der Vorabveröffentlichung des Buches “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall und Ron Davis in deutscher Übersetzung. Dieser Teil bietet Fallgeschichten und einen abschließenden Teil zu der neuen Welt von Möglichkeiten, die diese Methode erlaubt. Die ersten Auszüge des Buches sind in den letzten Monaten erschienen. Die betreffenden Artikel finden Sie unter folgenden Links: Davis-Buch Autismus – 1. Teil2. Teil und 3. Teil. 


Die deutsche Übersetzung ist fertig und geht in den Druck. Wir freuen uns sehr!

Zu einem einmaligen Subscriptionspreis von €16,00 anstelle von €19,80 haben Sie die Möglichkeit, das Buch bis einschließlich 24. Juni 2013 bei uns vorzubestellen. Sie erhalten dann gleich nach Fertigstellung ein oder mehrere druckfrische Exemplare von uns.

Ihre Bestellungen bitte per Email senden an: info@dyslexia.de
Ihr Davis-Team


 Vorabveröffentlichung – Kapitel 12 / 4. Teil

Fallbeispiel: Reflexionen über drei Phasen des Programms

Davis-Beraterin Cathy Dodge Smith erinnert sich an Erfahrungen mit einigen ihrer Klienten und bezieht diese auf die unterschiedlichen Phasen des Davis-Programms. 

In der Programmphase der Individuation kann ich manchmal schon die reale Person hinter der Maske oder dem Nebel des Autismus erahnen, und zwar während kurzer Phasen desjenigen Zustandes, den wir ‚Orientiert-Sein‘ nennen, und den die meisten Leute wohl als 'Total-präsent-sein' bezeichnen würden. Am Anfang sind solche Momente kurz und flüchtig. Man muss sehr aufmerksam sein, um sie zu bemerken und darauf zu reagieren.

Ich hatte einen kleinen Siebenjährigen in meinem Büro, der nicht sehr interessiert daran war, was ich auf der Tagesordnung hatte. Über eine Stunde lang wanderte er herum, redete ununterbrochen, fasste Sachen an und bewegte sich hauptsächlich in seiner eigenen Welt. Auch wenn er mich von Zeit zu Zeit ansprach oder mich bisweilen etwas fragte, so war er doch nicht an meinen Antworten interessiert, wartete noch nicht einmal meine Erwiderung ab. Schließlich hörte er mitten drin auf, kam zu meinem kleinen Tisch, wo ich auf ihn wartete, sah mir in die Augen und sagte deutlich: „Okay. Was sollen wir machen?“ Ich sagte ihm, was ich von ihm wollte, und er setzte sich hin und machte es. Er war für etwa fünf Minuten total bei mir, dann stand er auf und war wieder „weg“.

Wenn die Individuation stabiler wird, dehnen sich die flüchtigen Momente der Orientierung aus und die Zeit, die man „weg“ ist, verringert sich allmählich. Das mache nicht ich; es passiert einfach, wenn der Klient sich im orientierten Zustand zunehmend wohler fühlt und er weiß, wie man freiwillig dorthin kommt.

Die nächste Phase des Programms, Identitätsentwicklung, erlaubt es der Person, vergleichsweise zügig die normalen Entwicklungsschritte zu durchlaufen, die sie teilweise oder ganz ausgelassen hat, weil sie in der realen Welt nicht völlig präsent war. Während wir die Begriffe gemeinsam entdecken, wird dem Klienten die reale Welt nach und nach vertrauter.

Ich habe einmal mit einer jungen Frau (26 Jahre alt) den Begriff „Zeit“ erarbeitet. Als ich sagte, dass sich die Erde dreht, auf der wir uns befinden, sah sie mit einem strahlenden Gesichtsausdruck hoch und sagte, dass sie sich plötzlich „Okay“ fühlte und ausgeglichener und verbundener damit, auf dieser Erde zu sein.

Ein ähnliches Erlebnis hatte ich mit einem jungen Mann, als er die Arbeit mit dem Begriff „Reihenfolge“ beendete. Er konnte selbst einem einfachen Ablauf von Schritten nicht folgen, etwa einem geschriebenen Rezept oder einer geschriebenen Notiz, wie er zum Supermarkt gehen, ein Teil kaufen und zurück nach Hause kommen sollte. Sein Gesichtsausdruck, als er den letzten Schritt zur Beherrschung von Reihenfolge machte, war reine Freude, Glück, Überraschung und Ruhe.

Ist Identitätsentwicklung erst einmal abgeschlossen, kommt die letzte Phase des Davis®-Programms, soziale Integration. Auch hier ist es fantastisch, das erwachende Bewusstsein davon mitzuerleben, wie Beziehungen funktionieren. Ein junger Mann sagte mir, „er brauchte das wirklich“, weil er immer völlig frustriert davon war, dass er etwas wissen sollte, was ihm aber vorher nicht erklärt worden war. Er entdeckte, dass das die „ungeschriebenen Gesetze“ sozialer Interaktion waren. Wir verbrachten eine wunderbare Zeit damit, solche „ungeschriebenen Gesetze“ zu finden und aufzuschreiben!


Eine neue Welt der Möglichkeiten

Menschen kommen zum Davis-Programm, weil sie Veränderung suchen. Eltern autistischer Kinder hoffen auf eine Veränderung der Art und Weise, wie ihr Kind sich in Gesellschaft von anderen benimmt und interagiert. Ältere autistische Personen, die selbständig kommen und nach Hilfe suchen, hoffen auf Veränderungen, die ihnen helfen, die Einschränkungen in ihrem Leben, die sie frustrieren oder unglücklich machen, zu überwinden.

Die Davis®-Methoden helfen, indem sie Werkzeuge bereitstellen, mit denen die Person ihre Aufmerksamkeitssteue-
rung selbst regulieren und überprüfen, Stress abbauen und das Energieniveau kontrollieren kann. Der Gebrauch dieser Werkzeuge verändert die Art und Weise, in der die Person ihre Umwelt wahrnimmt und darauf reagiert. Das Davis-Programm beinhaltet ein System von Lernkonzepten, die der Person eine erweiterte Wahrnehmung und Erkenntnis ihrer Welt und ihrer Rolle vermitteln. Dieses neue Verständnis hilft ihnen, ihr eigenes Leben zu regeln und mit anderen zu interagieren. Mit neuem Wissen und neuen Fähigkeiten ist die Möglichkeit für weitere Veränderungen eröffnet. In der Davis-Vorgehensweise versehen Wissen + Fertigkeit + Möglichkeit den Menschen mit Fähigkeit – aber es liegt bei der Person, die Begriffe Kontrolle und Verantwortung zu üben, welche erst die Veränderungen in ihrem Leben bewirken. Für jeden Einzelnen ist der Weg unterschiedlich, bestimmt von individuellen Zielen, Interessen und Talenten. 

Sobald meine Identität begann sich zu entwickeln und mein Erinnerungs-vermögen einsetzte, war mein größter Wunsch im Leben, ein realer Mensch zu werden. Ich konnte sehen, dass andere etwas waren, was ich nicht war. Meine wichtigste Aufgabe war von Anfang an, einen Weg zu finden, der es mir erlaubte ‚normal‘ zu sein oder wenigstens so zu erscheinen. Wenn ich meinen Weg durch dieses Chaos finden und eine ’Karte‘ für  meinesgleichen bereitstellen könnte, damit sie es mir gleichtun könnten, hätte meine Existenz einen Sinn. Der Davis-Autismus-Ansatz ist das Ergebnis meiner bestmöglich-
en Bemühungen, diese Karte zu liefern.“

--Ron Davis

Auszug aus der Übersetzung des Buches: “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall mit Ronald D. Davis, Übersetzung: Dr. Andrea Paluch, erscheint voraussichtlich Mai 2013.


Im deutschsprachigen Raum und Luxembourg gibt es inzwischen 8 ausgebildete Davis®-Autismus-Berater/innen, die Sie ebenfalls bei den Davis-Berater-Adressen finden, oder aber per Email erfragen können: info@dyslexia.de.


Freitag, 5. April 2013




Hier nun der dritte Teil aus dem letzten Kapitel der Vorabveröffentlichung des Buches “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall und Ron Davis in deutscher Übersetzung. Dieser Teil bietet verschiedene anschauliche Fallgeschichten. Die ersten Auszüge des Buches sind in den letzten beiden Monaten erschienen. Die betreffenden Artikel finden Sie unter folgenden Links: Davis-Buch Autismus – 1. Teil, 2. Teil und 4.Teil.


 Wir hoffen, Ihnen bis zum Erscheinen der deutschen Übersetzung (voraussichtlich im Mai diesen Jahres) so die Wartezeit ein wenig verkürzen zu können.


Ihr Davis-Team


 Vorabveröffentlichung Kapitel 12 / 3. Teil

2. Woche, Februar. Identitätsentwicklungsbegriffe bis „Emotion“

6. Tag: Ich bin begeistert über die erstaunliche Veränderung von Amber. Ihre Augen sind klar und haben einen Glanz, der vorher nicht da war. Sie sucht den Augenkontakt und will mir alles erzählen, was sie seit dem letzten Mal gemacht hat. (Sie hat einen JOB angenommen, … was sie früher nicht durfte – nun aber, nach dieser Entwicklung, schon!) Bei unserer Überprüfung der Begriffe, die wir bisher erarbeitet hatten, hatte sie alle behalten – wir hatten viel Spaß, als wir uns die Bilder ihrer Modelle aus der ersten Woche ansahen und sie jedes einzelne Teil bestimmen konnte. Ihr Vater richtete aus, dass die Verhaltensfragen in der Wohngruppe fast völlig geklärt seien. Diese Auswirkungen auf die Situation belegen, dass Amber seit unserer letzten Sitzung den Inhalt von Konsequenz integriert hatte.

7. Tag: Wahrnehmung und Denken gingen gut. Ambers feinmotorische Fertigkeiten werden besser. Kneten scheint ein bisschen leichter zu gehen. Sie beginnt sich mehr zu öffnen und sucht immer öfter Augenkontakt.

8. Tag: Wir haben Erfahrung abgeschlossen und hatten eine echt lustige „Exkursion“, um gemeinsam neue Erfahrungen zu machen. Es war eine Bindungsübung. Amber scheint interessierter an anderen Menschen zu sein. Sie machte eine Bemerkung über den kleinen Laden, den wir gefunden hatten – so etwas wie, dass er ein Ort sei, an den ihre Großmutter gerne gehen würde. Sie hatte Augenkontakt mit dem Mann an der Kasse und schien mich zu beobachten, als ich mit ihm interagierte und redete.

9. Tag: Alle Begriffe schienen gut zu gehen. Ich war beeindruckt, wie leicht sie sich Energie und Kraft aneignete.

10. Tag: Wir gingen heute sehr viele Begriffe durch. Ich hatte nicht erwartet, dass Emotion so schnell gehen würde. Die Entdeckungsphase war lustig. Ambers Gesichtsausdruck wechselte, sobald wir bei verschiedenen Leuten unterschiedliche Emotionen sahen. Hier begann sie auch das erste Mal, unaufgefordert zu reden. Bei McDonald´s sah sie einen Mann mittleren Alters auf eine kleine alte Frau zugehen und sagen: „Hallo, junge Frau!“ Die alte Dame war entzückt. Ambers Augen huschten zu mir und sahen mich direkt an, wie um zu sagen „Ich habe verstanden, dass das ein Witz war!“ Sie kicherte. Was folgte, war noch erstaunlicher. Amber begann, mir von ihrer Großmutter zu erzählen. Sie erzählte eine lange, detaillierte Geschichte darüber, dass ihre Großmutter aus Schottland kam und ihren Mann im Krieg getroffen hatte, als er Soldat gewesen war. Noch am selben Tag wiederholte ich die Geschichte gegenüber Ambers Mutter – die erstaunt war und sagte: „Das hat Amber Ihnen alles erzählt?“ Später fand ich heraus, dass die Familie völlig ahnungslos war, dass Amber diese Geschichte kannte und fassungslos, dass sie tatsächlich all diese Informationen aufgenommen hatte.

3. Woche, April. Abschluss, Identitätsentwicklung bis hin zum Ordnungschaffen; soziale Integration mit Beziehungsbegriffen

11. Tag: Es war großartig zu hören, dass Amber angefangen hatte, zu arbeiten! Sie ist SO glücklich. Sie kann jetzt ohne direkte Personalaufsicht arbeiten. Fertigkeit ging sehr gut. Wir gingen in die Spielhalle. Amber hatte einen Wahnsinnsspaß. Ihre Augen strahlten, sie fühlte sich versiert und sie lernte und verbesserte sich mit jedem Spiel, das sie spielte.


12. Tag: Heute war ein guter Tag. Amber besprach mit ihrer Mutter und mir unseren geplanten Ausflug in die Wohngruppe morgen. In Bezug auf einige Dinge war sie sehr hartnäckig – wer Dienst hatte, um welche Zeit ihr Mitbewohner nach Hause kam, und dass sie fertig sein wollte, bevor sie zurückkamen. Innerlich jubelte ich – aber ich glaube, ihre Mutter musste sich auf Ambers neu entdeckte Stimme erst einstellen. Ich erinnerte sie daran, dass dies gut ist … wir wollen, dass Amber fähig ist, vollständig am Leben teilzunehmen, und sich selbst und ihre Meinung in Bezug auf ihre Umgebung zu äußern, war Teil davon. Ihre Mutter stimmte zu.

13. Tag: Wir hatten Spaß heute … ich war in Ambers Wohngruppe, um die letzte Ordnungschaffen-Übung zu machen. Als wir ihr Zimmer betraten, dachte ich zuerst „Hoppla!“ – es war nahezu perfekt aufgeräumt. Es gab praktisch nichts, was nicht an Ort und Stelle lag. Aber dann öffneten wir den Schrank … und „Bingo!“ – wir verbrachten zwei Stunden damit, und als ich ging, war er vollkommen aufgeräumt. Einmal fragte ich sie, ob sie eine Pause machen wolle, und sie sagte: „Nein, jetzt nicht.“ Wenn ich sie bisher gefragt hatte, hatte sie immer das Gegenteil geantwortet.

14. Tag: Die Beziehungsbegriffe gingen ganz gut. Amber schien ziemlich interessiert zu sein. Ihre Mutter sagte, dass Amber während der GESAMTEN Fahrt hierher geredet hatte. Sie sagte, das war eine große Veränderung; früher wären sie still gewesen und hätten Radio gehört. Ihre Mutter sagte: „Sie hat so viel Zeit ihre Lebens schweigend verbracht … sie hat eine Menge zu erzählen!“

15. Tag: Die restlichen Begriffe (wir hatten nur noch zwei übrig) gingen gut. Unsere Feier war großartig und ich übergab Amber eine Vollendungs-Urkunde. Ihr Vater hielt eine Rede darauf, wie dankbar er war für die Veränderungen, die sie bereits bis jetzt bei Amber gesehen hatten. Er sei begeistert und könne es nicht erwarten zu sehen, wohin sie das führen würde. Ich erinnerte ihn daran, dass das nicht das Ende war … tatsächlich war es der Anfang … wenn sie anfing, ihre zukünftigen Erfahrungen durch diese neuen Begriffe zu filtern.

Fallbeispiel: Erfahrungen eines Erwachsenen nach 18 Monaten

Davis®Beraterin Christien Vos aus den Niederlanden arbeitete im Verlauf eines Jahres mit einem männlichen Erwachsenen. Sie trafen sich einmal alle zwei Wochen. Er hat mit dem Programm gekämpft und war oft streitlustig und widerständig; trotzdem hat er nach Abschluss des Programms tiefgreifende Veränderungen in seinem Leben erfahren:

Mit 39 Jahren lebte Willem, ein hoch funktionaler männlicher Autist, alleine und hatte keine Freunde. Als er zu mir kam, war er unfähig, mehr als eine Aufgabe am Tag zu erledigen, und er war wiederholt dabei gescheitert, eine Arbeit zu bekommen oder zu behalten. Er war sehr argwöhnisch und hochsensibel und stotterte. Er war auch extrem intelligent, aber es fehlte ihm an Kreativität.


Das Davis®-Autismus-Programm war ein harter Weg für ihn. Er hasste es, mit Knete zu arbeiten, stellte am Anfang viele der Begriffe in Frage und widersetzte sich. Gleichwohl hörte er nicht auf, ein Jahr lang einmal alle zwei Wochen zu mir zu kommen. Im Laufe der Zeit nahm seine Abneigung ab und unsere Auseinandersetzungen wurden kürzer und weniger angreifend/ verteidigend. Er begann das Gefühl zu mögen, das jeder beherrschte Begriff ihm gab.

Weil er allein lebte, keine Freunde und keine Arbeit hatte, war es schwierig für ihn, im täglichen Leben eine Rückmeldung zu bekommen. Trotzdem konnte er nach ein paar Monaten, als wir seine Erfahrungen aus den zurückliegenden Wochen besprachen, die Veränderungen in seinen eigenen Denkprozessen und seinem Verhalten erkennen.

Nachdem er das Programm beendet hatte, hörte ich eine Weile nichts mehr von ihm. Schließlich, nach 18 Monaten, schrieb er mir eine Email und machte einen Termin aus, damit er von seinem derzeitigen Leben berichten konnte.

Bei diesem Treffen erzählte er von folgenden Veränderungen:

- er hat keine Angst mehr vor anderen, obwohl er immer noch das Gefühl hat, dass er übermäßig argwöhnisch ist, und immer noch stottert;
- er hat in sozialen Situationen einen Überblick, versteht, warum Leute handeln, wie sie handeln, und fühlt sich nicht mehr ängstlich, durcheinander, zornig, verloren oder gestresst;
- er kann mehrere Dinge gleichzeitig machen und mit mehrteiligen Aufgaben in der richtigen Reihenfolge umgehen und dabei entspannt und orientiert bleiben;
- er entwickelt Initiativen und führt sie wirklich aus;
- er wurde kreativer – er hat zum Beispiel angefangen zu zeichnen;
- er ist der Mannschaftskapitän und Webmaster seines Bridgeclubs und schreibt Berichte von Bridgeturnieren für die Bridgegemeinde;
- er ist einer Diskussionsgruppe beigetreten (im wirklichen Leben, nicht im Netz), die sich regelmäßig vor ihren Diskussionen zum Essen trifft;
- er macht Pläne für seine Zukunft.

Fallbeispiel: Ein Kind mit Asperger-Syndrom nach einem Jahr

Davis Beraterin Gale Long konnte ebenfalls von den langfristigen Veränderungen eines jungen Mädchens berichten, mit dem sie gearbeitet hatte. Die Mutter des Kindes lieferte ebenfalls Hintergrundinformationen.


Kaylas Mutter berichtet:

Kayla hatte viele Symptome des Asperger-Syndroms. Neben den sprachlichen Problemen hatte sie mit Wut und Ärger zu kämpfen, war leicht reizbar durch Geräusche, Menschenmengen, Lichter und Gerüche. Ihre motorischen Fertigkeiten waren unterentwickelt, so dass normale Aktivitäten wie Radfahren oder Gehen schwierig waren. Ihre Manien und Zwangsvorstellungen waren Aspekte, die die alltäglichen Handlungen schwierig machten. Das Erkennen sozialer Hinweisreize fehlt, was es ihr erschwert, Gesichtsausdrücke, Körpersprache und die unausgesprochenen Regeln der Gesprächsführung zu deuten. Sie neigte dazu, übertrieben freundlich zu sein. Sie hatte eine ungewöhnliche Empfindlichkeit gegenüber Licht, Lebensmitteln und Berührung. Ihre sensorische Integrationsstörung hatte eine jahrelange Therapie zur Folge. Wie die meisten Autisten hatte sie sowohl Schwierigkeiten mit dem Übergang von einer Handlung zur nächsten als auch mit dem Finden und Behalten von Freunden.

Wir befanden uns während ihrer Grundschulzeit in einem ununterbrochenen Stresszustand. Die Schule hatte keinen Plan, wie sie ihr helfen konnte. Sie wussten nicht, wie sie mit ihr im Klassenraum umgehen sollten. Die Schüler wussten nicht, wie sie mit ihr interagieren sollten. Sie machten sich über sie lustig, und weil sie sprachlich unterlegen war, fing sie an zu randalieren. Sie wurde wegen ihres Benehmens der Schule verwiesen und kam in der vierten Klasse auf eine Schule für verhaltensauffällige Kinder. Als sie in die Mittelstufe kam, war Kayla konfrontiert mit Chaos, Angst, Sich-anpassen-wollen und Sich-abgelehnt-fühlen. Sie hatte keine Freunde und wurde gemobbt. Die Fachleute sagten, ich müsse die Tatsache akzeptieren, dass es sich bei Kayla nie würde verbessern können.

Die Autismus-Beraterin berichtet:

Bei unserem ersten Treffen kam Kayla zurückhaltend herein. Sie versteckte sich ein wenig hinter ihrer Mutter und klammerte sich an ihre Hand, als ob etwas Schreckliches passieren würde, wenn sie losließe. Aber so, wie sie mich mit ihren schönen blauen Augen und langen Wimpern ansah, war sie offensichtlich neugierig. Als sie anfing, sich in meiner Gegenwart mehr zu entspannen, wurde sie übermütig und begann zu kreischen und auf und ab zu springen. Mit offensichtlicher Begeisterung vertraute sie mir einige Erfahrungen an, aber ich hatte solche Schwierigkeiten, ihre Sprache zu verstehen, dass ich so tun musste, als wüsste ich, was sie gesagt hatte.

Beobachtungen der Autismus-Beraterin – ein Jahr nach dem Davis-Autismus-Programm:

Kürzlich habe ich mich mit Kayla nach der Schule zum Essen getroffen. Als die Schüler aus dem Unterricht entlassen wurden, bemerkte ich Kayla, die in aller Ruhe den Fußweg entlang ging und mit einem Freund klönte und lachte. Was für ein Unterschied! Vor einem guten Jahr war es normal gewesen, dass die anderen sie schikanierten oder auf dem Spielplatz links liegen ließen, wenn ich sie zu ihren Autismus-Sitzungen abholte. Oftmals hatte sie geweint. Es tat mir leid, dass sie so kämpfen musste, um in ihre Welt hineinzupassen.

Heute hat Kayla viele Freunde, die sie gleichberechtigt behandeln. Gerade neulich hat Kayla an einem zweitägigen Ausflug mit Floßfahrt teilgenommen. In den vorherigen Jahren hatte sie nie Freunde und nicht die Fertigkeit, Übernachtungserfahrungen zu sammeln. Das war also enorm – fähig zu sein, Ängste und unzureichende soziale Fertigkeiten zu überwinden, um tatsächlich einen schönen Tag mit Freunden genießen zu können! Kayla kämpft manchmal immer noch, aber sie hat die Werkzeuge und die Fähigkeit, Situationen zu beurteilen und angemessen zu reagieren. Von Kayla zu lernen, wie schwierig alles aus der autistischen Perspektive ist, war lehrreich für mich.

Als wir mit dem Essen fertig waren, bat ich Kaylas Mutter, in drei Worten zu beschreiben, wie Kayla vor ihrem Autismus-Programm war. Sie antwortete: Isolation, Frustration und Traurigkeit. Die drei Ausdrücke, mit denen sie Kayla jetzt beschreibt: Hoffnung, Leichtigkeit der inneren Einstellung und Freude.

Ängstlich erwartete ich Kaylas Antwort auf die gleichen Fragen. Sie dachte sorgfältig darüber nach und sagte mir drei Worte für vorher: Traurigkeit, Einsamkeit und Kummer. Heute sagt sie, sie fühlt sich glücklich, einbezogen und zuversichtlich.

...Fortsetzung folgt im nächsten Monat.

Auszug aus der Übersetzung des Buches: “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall mit Ronald D. Davis, Übersetzung: Dr. Andrea Paluch, erscheint voraussichtlich Mai 2013.


Im deutschsprachigen Raum und Luxembourg gibt es inzwischen 8 ausgebildete Davis®-Autismus-Berater/innen, die Sie ebenfalls bei den Davis-Berater-Adressen finden, oder aber per Email erfragen können: info@dyslexia.de.


Freitag, 8. März 2013


Was ist visuell-räumliches Lernen?   
Ein visuell-räumlich Lernender ist ein Schüler, der eher auf ganzheitliche Art und Weise lernt als Schritt für Schritt... Näheres dazu sowie zu psychologischen Faktoren, Persönlichkeitsfaktoren und der herkömmlichen Schulbildung lesen Sie hier.



Donnerstag, 28. Februar 2013


Hier nun der zweite Teil aus dem letzten Kapitel der Vorabveröffentlichung des Buchs “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall und Ron Davis in deutscher Übersetzung. Er bietet einen Überblick und anschauliche Fallgeschichten. Die anderen Teile des Kapitels finden Sie unter folgenden Links: Davis-Buch Autismus – Teil 1, Teil 3 und Teil 4.


Wir hoffen, Ihnen bis zum Erscheinen der deutschen Übersetzung (voraussichtlich im Mai diesen Jahres) so die Wartezeit ein wenig verkürzen zu können.

Ihr Davis-Team 



Vorabveröffentlichung Kapitel 12 / 2. Teil

4. Angeleitete, teilnehmende und eingliedernde Beherrschung wesentlicher Begriffe

Das Herz des Davis®-Autismus-Ansatz ist die angeleitete Beherrschung von Schlüsselbegriffen, die die fehlenden Elemente bereitstellen, die notwendig sind, um eine eindeutige Wahrnehmung für „Selbst und eine natürliche Kernidentität zu entwickeln. Diese Begriffe ermöglichen ein Verständnis für beides, die äußere Welt und die innere Welt der Gedanken und Gefühle. Das Programm endet mit einer Zusammenstellung von Begriffen, die sich auf die Rolle der Person in Beziehungen mit anderen konzentrieren. Jeder Begriff beruht auf einem einfachen Inhalt, und die Begriffe werden der Reihe nach behandelt, wobei jeder neue Begriff jeweils auf vorher gemeisterten Begriffen aufbaut. Die Begriffe sind eher anhand von Erfahrung entwickelt worden als entlang einer psychologischen Theorie. Statt theoretisch zu entscheiden, welche typischen Entwicklungsschritte von autistischen Klienten nachvollzogen werden sollten, wurden die Davis-Begriffe aus der praktischen Erfahrung mit Kindern und Erwachsenen entwickelt.

Mit diesem Ansatz ist der Lernprozess natürlich und kann den Bedürfnissen der Person angepasst und entsprechend geführt werden. Der Einsatz von Knete sorgt dafür, dass der Lernende aktiv teilnimmt. Darüber hinaus liefert das Kneten eine Methode, abstrakte Begriffe darzustellen und so Begrenzungen der sprachlichen Möglichkeiten zu überwinden, und es ist auf Lernstärken im bildlichen Bereich ausgerichtet, die häufig bei Autismus
vorkommen. (1) 

Die geführte Erforschung der Begriffe und der Dialog erweitern und verstärken die Einsichten, die beim Kneten gewonnen werden, und helfen dem Autisten, die Begriffe auf Beobachtungen von Menschen und Ereignissen zu beziehen. Der Autist wird ebenfalls langsam darauf hingeführt, größere Aufmerksamkeit auf andere Menschen zu richten, denen man während der Erkundung begegnet, indem man die Beobachtung sowohl als Weg zur Veranschaulichung als auch zur Erweiterung der Ideen, die beim Kneten erforscht wurden, benutzt.

Weil es eine festgelegte Zusammenstellung von Begriffen und Reihenfolge bei der Anleitung gibt, können der Berater, der Autist und die Familienmitglieder den Fortschritt im Verlauf des Programms einfach beurteilen. Fortschritt wird an der Fähigkeit des Autisten gemessen, jeden Begriff zu erkennen und seinerseits zu erklären, sowohl in Knetform als auch in der realen Welt. Weil jede Begriffsbeherrschung in der gleichen Reihenfolge abläuft, wird sich der Autist mit dem Ansatz wahrscheinlich immer wohler fühlen und im weiteren Verlauf des Programms wirksamer arbeiten. 

5. Fokus auf Selbstverständnis

Ron Davis wusste aus der eigenen Kindheit, dass sein Autismus in gewisser Weise gleichgesetzt war mit einer Wahrnehmung, „alles und nichts gleichzeitig zu sein“, und dass er erst die Schritte der Individuation und dann die der Identitätsentwicklung machen musste, bevor er in der Welt funktionieren und eine Beziehung zu anderen herstellen konnte. Also war es für ihn offensichtlich, dass das Erlangen von einem Verständnis des „Selbst“natürlicherweise der erste Schritt war, den jeder Autist machen musste, bevor er fähig sein konnte, sich der sozialen Welt mit anderen anzupassen oder darin zu funktionieren.

Akademische Forscher haben erst in jüngster Zeit angefangen, sich auf die Bedeutung der Selbst-Konzeptualisierung und die Rolle, die dies in den Denkprozessen und dem funktionalen Verhalten von autistischen Menschen spielt, auszurichten. (2) Forscher bestätigen nun, dass das „Selbst“ „eines der wichtigsten Themen in der Autismusforschung“ ist, aber die aus der Forschung abgeleiteten Ideen wurden noch nicht dazu benutzt, um neue therapeutische Ansätze für Autismus zu entwickeln. (3) Meistens konzentriert sich die therapeutische Vorgehensweise bei Autismus direkter auf die Fähigkeit des Autisten, mit anderen in Beziehung zu treten, und beruht darauf, neue Verhaltensweisen zu unterrichten, wie etwa den Augenkontakt anzuregen oder Konversationsfähigkeit zu üben.

Das Davis®-Programm baut auf der genauen Erarbeitung von Begriffen auf, die mit dem Selbst und dem Selbstverständnis in Zusammenhang stehen. Zusätzlich zu dem potentiellen Nutzen, den die Methode autistischen Menschen bietet, wird das Davis-Programm wohl auch die zukünftige Forschung anregen und beeinflussen, und zwar hinsichtlich der Rolle, die die Selbstwahrnehmung für die Entwicklung eines Verständnisses für soziales Miteinander spielt, das für Autisten schwer nachvollziehbar ist.

Fallbeispiel: Tagebuch eines Davis-Programms
 
Die Davis®-Beraterin Karen LoGiudice hat ein Tagebuch über den Arbeitsverlauf mit einer jungen Frau Anfang Zwanzig geführt. Amber lebte in einer Wohngruppe und nahm an einem Tagesprogramm teil, das Aktivitäten wie zum Beispiel Kunstprojekte beinhaltete. Als Karen sie zum ersten Mal traf, war sie sehr still und beantwortete die meisten Fragen mit einem schnellen „Ja“ oder „Nein“. Als sie eintraf, um ihr Programm zu beginnen, waren Ambers Eltern besonders besorgt über Verhaltensweisen, die Probleme in der Wohngruppe verursachten. Amber zeigte wenig Interesse an den Aktivitäten und Unterhaltungen der anderen um sie herum, und ihre physischen Koordinationsfähigkeiten war sehr schlecht. Ihre Eltern brachten sie regelmäßig zu den Sitzungen mit Karen und holten sie wieder ab. Das Davis-Programm wurde im Laufe von fünfzehn Tagen abgeschlossen, welche in drei separate einwöchige Blocks und über einen Zeitraum von sechs Monaten verteilt waren. Der ausgedehnte Zeitplan gab Karen die Möglichkeit, die Veränderungen zu beobachten, die zwischen den Blöcken in Ambers Leben aufgetreten waren, als die in jeder Beratungswoche eingepflanzten Keime Wurzeln bekamen und sich entwickelten.

1. Woche, Oktober. Individuation abgeschlossen. Identitätsentwicklung durch die Begriffsbeherrschung bis zum Begriff „Überleben“:

1. Tag: Amber ist superstill und spricht nicht viel. Ich vermute, sie hat größere Sprachfähigkeiten, als es den Anschein hat. Amber hat die Entspannung und Orientierung, auditive Feineinstellung und Kooshball-Übung gut aufgenommen. Als sie den Ton der akustischen Orientierung hörte, überkam sie ein Zustand der Ruhe. Ihre Mutter war fassungslos, als sie hörte, dass Amber einen Kooshball fangen konnte, während sie auf einem Bein stand. Ihr feinmotorisches Geschick ist grob – deshalb ist das Kneten für sie nicht ganz einfach. Die Qualität ihrer Knetarbeit verbesserte sich im Laufe des Tages ein bisschen, besonders bei den Buchstaben. Ich glaube, mit zunehmender Erfahrung öffnet sie sich der Sache mehr.


2. Tag: Amber war fröhlich, als sie herein kam. Ihr Vater berichtete, dass sie begeistert von den Kooshbällen war und dass auch er über ihre Fähigkeit, die Bälle zu fangen, überrascht ist. Er sagte, dass sie mit ihrer Mutter auf dem Heimweg weiter Veränderungen gesucht und besprochen hätten. Sie reagiert auch gut auf das Hören von dem Ting-Klang. Sie hat es heute drei Mal gehört (jeweils den ganzen Acht-Minuten-Track). Amber zeigte an diesem Nachmittag Zeichen der Individuation. In einer Pause sprach sie mich das erste Mal direkt an und stellte eine Frage zu dem Lärm bei ihrem Tagesprogramm. Sie sagte, die anderen Leute machen zu viel Lärm, und das stört sie sehr. Sie fuhr fort, dass eine andere Frau sie fürchterlich beschimpft und dass sie das nicht mag. Sie sagte, dass es von der Frau nicht in Ordnung ist, sie so zu behandeln.

3. Tag: Amber kam fröhlich herein. Als wir Konsequenz, Ursache-Wirkung, vorher-nachher überprüften, war ich überzeugt, dass sie es hatte! Das wurde weiter bestätigt, als wir Zeit bearbeiteten. Wir machten unsere erste „Erkundung außer Haus “ zum Baumarkt und zu Dunkin Donuts. Wir haben alles Mögliche mit Hilfe der Stoppuhr gemessen (hinsichtlich Ursache und Wirkung beobachtend). Ich merkte, dass das Kneten immer leichter geht. Amber ist sicherer bei der Modellerstellung, auch wenn sie immer noch Anleitung braucht. Ihre Mutter erzählte, dass Amber zum ersten Mal überhaupt zu ihr kam und sagte: „Willst du wissen, woran wir heute gearbeitet haben?“ und dann die Begriffe Schritt für Schritt durchging. Ihre Mutter sagte, sie habe sich gewundert: „Ist das die gleiche Amber, die ich seit zweiundzwanzig Jahren kenne?“

4. Tag: Die einfachste Form von Zeit war nicht leicht. Amber schien wirklich erschöpft zu sein, als wir fertig waren. Wir machten eine lange Pause. Reihenfolge schien gut zu gehen, viele Beispiele, mit denen wir arbeiten konnten. Ihr Vater war sehr enthusiastisch hinsichtlich des Programms und sagte, er habe ein Strahlen in Ambers Augen gesehen, als sie vom Mittagessen wieder kamen, das er nie zuvor gesehen hatte.

5. Tag: Die Wiederholung von Reihenfolge war fantastisch. Amber wusste nicht nur die Bedeutung sicher, sondern sie schaute auch konzentriert auf die Knete, um jedes einzelne Teil davon zu zeigen. Es war das erste Mal, dass ich eine Intention bei ihr sah. Ordnung und Unordnung gingen auch gut. Wir gingen zum Lebensmittelladen, um die Begriffe in der Außenwelt zu untersuchen, und es war großartig. Wir sprachen auch über Ordnung und Unordnung in Bezug auf ihre Werkzeuge und auf bestimmte Situationen. Es war toll, sie darauf Bezug nehmen zu hören, wie sie sie in ihrem Leben benutzen könnte – „Was wäre für dich der richtige Zustand in ___ Situation? Welche Werkzeuge würdest du dann benutzen? Was müsstest du tun, um in dir Ordnung zu schaffen?“ Sie beantwortete die Fragen mit Leichtigkeit. Bestehenbleiben und Überleben rundeten unsere Woche ab – es lief gut. Ihre Mutter war überrascht und sehr beeindruckt, als sie sah, wie wir mit den Kooshbällen spielten und Amber, ausbalanciert wie ein Felsen, auf die Bälle reagierte, die auf sie zukamen.

...Fortsetzung folgt im nächsten Monat.
 
Auszug aus der Übersetzung des Buches: “Autism and the Seeds of Change” von Abigail Marshall mit Ronald D. Davis, Übersetzung: Dr. Andrea Paluch, erscheint voraussichtlich Mai 2013.


Im deutschsprachigen Raum und Luxembourg gibt es inzwischen 8 ausgebildete Davis®-Autismus-Berater/innen, die Sie ebenfalls bei den Davis-Berater-Adressen finden, oder aber per Email erfragen können: info@dyslexia.de.


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(1) Autistische Personen scheinen eine gesteigerte Fähigkeit dafür zu haben, bildliche mentale Darstellungen zu formen, abzurufen und zu beeinflussen. Vgl. Soulières, Zeffiro, et al., (2011). Bildliche Prozesse scheinen eine wichtige Rolle im autistischen Denken und bei der Fähigkeit zur Informationsaufnahme zu spielen. Vgl. Soulières, Dawson und Samson, et al. (2009).

(2) Die erste Forschungsstudie zur Selbstwahrnehmung im Autismus ist ein Bericht aus dem Jahr 1999. Er handelt von drei Erwachsenen mit Asperger Syndrom, die ihre eigenen Gedanken notieren und beschreiben sollten. Vgl. Frith und Happé (1999).

(3) Vgl. Lombardo und Baron-Cohen, „The Role of the Self in Mindblindness in Autism“ (2011), und Hobson, „Explaining Autism: Ten Reasons to Focus on the Developing Self”, (2010).



Donnerstag, 21. Februar 2013



In den internationalen Ranglisten der Bildungssysteme nimmt ein Land seit Jahren beständig vordere Plätze ein: Finnland. Das US-amerikanische Internetportal Business Insider  versucht sich an einer Erklärung dieses Phänomens und hat verschiedene Fakten zum finnischen Bildungssystem zusammengetragen.


Wie finnische Kinder lernen

Kinder werden in Finnland erst mit sieben Jahren eingeschult und erfahren in der Schule weniger Leistungsdruck: Bewertungen gibt es in den ersten sechs Jahren der Schullaufbahn überhaupt nicht. Den einzigen standardisierten Pflichttest schreiben die Schüler in Finnland mit 16 Jahren. Weitere Tests und Hausaufgaben sind selten. Der nationale Lehrplan ist nur eine ungefähre Richtlinie. Finnische Grundschüler haben pro Tag 75 Minuten Pause. Zum Vergleich: In den USA sind es durchschnittlich nur 27 Minuten pro Tag.

Ein weiterer gravierender Unterschied zum evaluationsbasierten, zentralisierten Bildungsmodell: Kinder werden in Finnland unabhängig von ihrer Intelligenz und ihrem Lernvermögen gemeinsam in einem Klassenraum unterrichtet. Dafür wird ein Drittel der finnischen Kinder in den ersten neun Jahren ihrer Schulbildung durch spezielle Nachhilfe gefördert. Naturwissenschaftliche Kurse werden auf 16 Teilnehmer begrenzt, so dass jeder Schüler im Unterricht selbst praktische Versuche durchführen kann. Die Folge dieser Maßnahmen: In keinem anderen Land gibt es so geringe Unterschiede zwischen den stärksten und den schwächsten Schülern, wie in Finnland.


Wie Finnland sein Bildungssystem organisiert
 

Das finnische Schulsystem ist zu 100 Prozent staatlich finanziert. Im Jahr 2008 betrug das durchschnittliche Einstiegsgehalt finnischer Lehrer 29.000 Dollar. Zum Vergleich: In den USA lag das Durchschnittsgehalt bei 36.000 Dollar. Trotzdem verdienen Oberschullehrer mit 15-jähriger Berufserfahrung 102 Prozent dessen, was andere Hochschulabsolventen verdienen. In den USA sind dies lediglich 62 Prozent. Leistungsbezogene Gehälter für Lehrer gibt es in Finnland nicht. Insgesamt gibt Finnland pro Schüler rund 30 Prozent weniger für Bildung aus, als die USA.
 

Alle Lehrer in Finnland müssen zwingend einen Hochschulabschluss vorweisen, der allerdings vollständig staatlich subventioniert wird. Der Universitätsabschluss allein reicht aber nicht aus. Nur die besten 10 Prozent der Hochschulabsolventen eines Jahrgangs haben in Finnland eine realistische Chance auf eine Lehrerstelle: Im Jahr 2006 bewarben sich in Finnland gleich 6.600 Bewerber auf nur 660 schulpraktische Ausbildungsplätze in der Primarstufe. Zu erklären ist dieser Ansturm auch damit, dass finnische Lehrer den gleichen Status haben, wie Ärzte und Anwälte.  

Finnland weist die gleiche Anzahl Lehrer auf, wie die Stadt New York. In ganz Finnland gibt es allerdings nur rund halb so viele Schüler (600.000 Schüler), wie in der US-Metropole (1,1 Million Schüler). Dies gibt finnischen Lehrern Zeit: pro Tag verbringen Lehrer in Finnland nur vier Stunden im Klassenzimmer. Zwei Stunden pro Woche werden zur beruflichen Weiterbildung genutzt.


Die Erfolge des finnischen Bildungssystems

In der internationalen standardisierten PISA-Studie von 2001 belegten die finnischen Schüler in den Bereichen Naturwissenschaft, Lesen und Mathematik Top-Platzierungen und halten diese seitdem. Damit liegt Finnland deutlich vor Ländern mit ähnlicher demografischer Struktur, ähnlicher Größe und einer ähnlich homogenen Kultur. Der Erfolg des finnischen Bildungssystems lässt sich auch durch weitere Fakten belegen: Fast 95 Prozent der finnischen Schüler erreichen einen Schulabschluss. Rund 2/3 aller finnischen Schüler besuchen eine weiterführende Schule. Das ist die höchste Rate in ganz Europa.


Freitag, 15. Februar 2013

"Dass bei meinem Sohn in der 4. Klasse festgestellt wurde, dass er Legastheniker ist, überraschte mich nicht. Die Rechtschreibung war eine einzige Katastrophe, ganz zu schweigen vom Schriftbild. Mit Lesen hatte er so rein gar nichts am Hut. "Er kann sich nicht konzentrieren, ist von den kleinsten Kleinigkeiten abgelenkt", hörte ich von Schuljahr zu Schuljahr immer wieder.   
Legasthenie-Unterricht in der Schule, zu dem er gehen musste, bedeutete nichts anderes als Zettel ausfüllen und Schwungübungen machen.  
Bei einer Legasthenie-Lehrerin, die wir privat bezahlten, lernte er nach dem Kieler Legasthenie-System Rechtschreibregeln, eine nach der anderen, die irgendwie nicht hängen blieben. Ein halbes Jahr lang! 

Ich hatte schon längst von einer Freundin von der Davis-Therapie gehört... Nach diesem unfruchtbaren halben Jahr habe ich dann doch Kontakt zu einem Davis-Berater aufgenommen. Schon nach dem Vorgespräch war ich überzeugt von dem, was das Davis-Institut lehrt. Von der Schule, L. war mittlerweile in der 6. Klasse auf einem Gymnasium, hieß es, dass er nicht bei der Sache sei, zu still, unkonzentriert, müde u.s.w..

L.s erstes Probediktat bei seinem Davis-Therapeuten hatte eine 38-prozentige Fehlerquote. Fast jedes zweite Wort war falsch. Das war für uns aber nichts Neues. Normal!

Am beeindruckendsten für mich war, dass ein uns fremder Mensch sehr schnell Zugang zu meinem Kind erhielt. L. wurde von vornherein klar gemacht, dass er nicht unter Legasthenie leidet oder dumm ist. Sein Davis-Berater erklärte ihm unermüdlich, dass, wenn er etwas nicht verstanden hätte, es an ihm als Berater läge, weil er es nicht in richtigen Worten erklärt hätte. 

L. fühlte sich das erste Mal verstanden. Und er verstand! Er verstand, was echte Aufmerksamkeit bedeutet, weil es ihm richtig erklärt wurde. Er verstand seine Fehler, weil ihm deutlich gemacht wurde, wie er sie vermeiden kann. 

Was aber am Wichtigsten ist: Wir beide haben ein besseres Verständnis für die deutsche Sprache entwickelt. Ich kann mein Kind viel besser verstehen und dadurch mit ihm weiter arbeiten. 



L. lernte durch verschiedene mentale Hilfsmittel, wie er sich konzentrieren, seine Energie mit dem richtigen Maß nutzen kann. Er lernte, dass er zum Lesen langsamer werden muss, damit der Mund nicht schneller als die Augen ist. 

Am letzten Therapietag hatte er eine Fehlerquote von 12 Prozent. Wir haben Zuhause weiter gearbeitet und sind jetzt bei 4 bis 7 Prozent. Außerdem begleitet uns bei Fragen oder Problemen weiterhin das Institut, so dass wir nicht allein sind.

Der Erfolg hat sich eingestellt, und L. hat einen ersten Erfolg im Deutschunterricht zu verbuchen.

Im Aufsatz (Personenbeschreibung) hat er nur sechs Fehler auf 140 Wörter geschafft. Er sagt, dass er sich extra konzentriert hat und alle Davis-Werkzeuge angewendet hat. Eine glatte, gewertete 3 hat er dafür bekommen. Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn!!!!!!!!!

Als er gestern mit der frohen Botschaft nach Hause kam, bin ich vor Freude durch´s Haus gehüpft!

Wir bleiben tapfer dran." 

(P.B., Mutter von L.)

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